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1990 - 100 Jahre Wilhelm-Augusta-Heim

Zur gesellschaftlichen Stellung der Lehrerinnen im 19. Jahrhundert schreibt Rainer Bölling:

Aufgrund der Auslagerung der Produktion in außerfamiliäre Bereiche war die Beschäftigung der Töchter im Familienhaushalt immer weniger erforderlich und möglich, und ihre materielle Versorgung wurde zu einem um so größeren Problem, als die Heiratschancen wegen eines jahrzehntelangen Frauenüberschusses zusehends sanken. Während in dieser Situation Frauen aus den unteren Schichten in den neuen Fabriken Arbeit fanden, drängten die unverheirateten Töchter aus bürgerlichen Familien seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt in einen Beruf, der ihrer gehobenen Allgemeinbildung und ihrer gesellschaftlichen Stellung adäquat erschien: eben den der Lehrerin. Ihre Anstellungschancen waren im Elementarschulbereich und im Mädchenschulwesen recht gut, weil dort der steigende Bedarf an Lehrern mit männlichen Bewerbern allein nie gedeckt werden konnte. Die gesellschaftliche Funkton des Lehrerinnenberufs, unverheirateten oder verwitweten Frauen aus den mittleren und höheren Schichten eine angemessene Existenzgrundlage zu sichern, wurde durch das Eheverbot (Zölibat) für Lehrerinnen abgesichert. Bis zum Ersten Weltkrieg nämlich hatte nach der Verwaltungspraxis in Preußen und den meisten anderen deutschen Staaten die Verheiratung einer Lehrerin unweigerlich ihre Entlassung zur Folge. Die offiziellen Begründungen für den Lehrerinnenzölibat hoben allerdings mehr darauf ab, daß die Frau nur einer Aufgabe, entweder Beruf oder Familie, gewachsen sei, und im katholischen Raum wurde er durch das Leitbild der Nonne religiös überhöht.

Der Kampf der Lehrerinnen um eine qualifizierte Berufsausbildung wurde von ihren in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gegründeten überregionalen Berufsverbänden getragen, die sich in einem wichtigen Punkt von den entsprechenden Organisationen der Lehrer unterschieden. Sie umfaßten nämlich Lehrerinnen aller Schularten, was durch die ursprüngliche Gleichartigkeit von Herkunft, Ausbildung und Lebensverhältnissen ermöglicht wurde. 1883 entstand ein "Verein christlicher Lehrerinnen" auf protestantischer Grundlage, der allerdings nie zahlenmäßige Bedeutung erlangte. Anders der zwei Jahre später gegründete "Verein katholischer Lehrerinnen für Rheinland, Hessen-Nassau und Westfalen", der sich seit 1889 "Verein katholischer deutscher Lehrerinnen" (VkdL) nannte. Er vereinigte nach und nach den größten Teil der katholischen Lehrerinnen Deutschlands - darunter auch viele Ordensfrauen - im Zeichen einer von der katholischen Weltanschauung geprägten und überhöhten Berufsauffassung (1907 über 10.000 Mitglieder). Überkonfessionell war dagegen der schon erwähnte "Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein" (ADLV), der 1890 durch Zusammenschluß von mehreren lokalen Lehrerinnenvereinen entstand - unter ihnen der schon 1869 gegründete Berliner "Verein deutscher Lehrerinnen und Erzieherinnen" - und bald zur größten Organisation deutscher Lehrerinnen wurde (1907: 22 000 Mit-glieder).

Die Anstellung von Frauen im Schuldienst wurde dadurch begünstigt, daß sie den kommunalen und privaten Schulträgern finanzielle Vorteile brachte. Lehrerinnen bezogen nämlich stets ein geringeres Gehalt, das nach einer Ministerialverfügung von 1885 "angemessenerweise" 75 bis 80% des Durchschnittsgehalts einer Lehrerstelle betragen sollte, oft aber noch darunter blieb. Diese Regelung beruhte auf dem "Bedürfnis"-Prinzip, daß die unverheiratete Lehrerin weniger Geld brauche als ein potentieller oder tatsächlicher Familienvater. Daß nicht wenige Lehrerinnen sich aus Dankbarkeit gegenüber der Familie verpflichtet fühlten, Unterstützungen an Familienangehörige wie Eltern oder berufslose Schwestern zu zahlen, mit denen sie oft auch zusammenlebten, stand auf einem anderen Blatt.

Quelle: Bölling, Rainer: Sozialgeschichte der deutschen Lehrer. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1983. S. 95 ff.


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