--> https://www.norderney-chronik.de/themen/insel-stadt/chronik/1900-1999/detail/1907-besuch.html

NorderneySeiten-Ende

53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

Das Jahr 1398Das Jahr 1797Das Jahr 1849Das Jahr 1862Das Jahr 1873Das Jahr 1948Das aktuelle JahrHilfe/Info

Insel/Stadt | Bilder/Prospekte | Daten/Fakten | Kunst/Kultur

Chronik der Insel | Betriebe und Einrichtungen | Insel und Küste | Insel und Stadt Historisch | Küstenschutz | Presse | Vereine

SeiteChronik der Insel | Vorwort | 1362-1499 | 1500-1599 | 1600-1699 | 1700-1799 | 1800-1899 | 1900-1999 | 2000- | Ende | Insel-Ralley | Chroniktelegramm

Fenster schliessen
Das Jahr 1907
Weitere Infos

Bericht aus der "Norderneyer Badezeitung" vom 6. August 2007

Am 3. August 1907 fand eine Segelregatta statt, die der sächsische König Friedrich August III. angeregt hatte. Die "Badezeitung" druckte dazu einen Bericht.

Der König war am 20. Juli 1907 auf Norderney eingetroffen und wohnte mit seinen Kindern, die bereits am 12. Juli angreist waren, in den Bremer Häusern. Seit Anfang August 1907 hielt sich auch der weltberühmte Pianist und Komponist Ferruccio Busoni auf der Insel auf. Er spielte am 1. August Beethovens 3. Klavierkonzert sowie Stücke von Liszt.

Der königliche Besuch 1907

Friedrich August III. bestieg 1904 den sächsischen Thron. Als König erlangte er überall große Anerkennung und weithin Sympathie, vor allem beim liberalen Bürgertum des industriell aufstrebenden Kleinstaates. Er kümmerte sich nach Kräften um seine Kinder, die er auch bei seinem Besuch Norderneys im Jahr 1907 mit auf die Insel brachte.

Die Ankunft der Kinder des Königs, die mit ihren Erziehern anreisten, wurde aufmerksam in der "Badezeitung" registriert: "Norderney, 13. Juli. Mit dem Dampfer "Nixe" des Norddeutschen Lloyd trafen heute Mittag 1 Uhr ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz, die Prinzen und Prinzessinnen von Sachsen nebst Gefolge über Bremerhafen hier ein und nahmen in den Bremer Häusern Wohnung. In der Begleitung befinden sich die Oherhofmeisterin Frau von der Gabelenz-Linsingen und der Militär-Gouverneur Major Baron O'Byrn."

In der Gästeliste wurden aufgeführt: "Am 14. Juli 1907 angemeldet bis 12. Juli abends: Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Sachsen, Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Christian, Herzog zu Sachsen, Seine Königliche Hoheit der Prinz Ernst Heinrich, Herzog zu Sachsen, Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Margarethe, Herzogin zu Sachsen, Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Marie Alix, Herzogin zu Sachsen, Ihre Excellenz Frau Oberhofmeisterin von der Gabelentz-Linsingen, geh. von Carlowitz, mit Jungfer, Major Baron O'Byrn, Militär-Gouverneur der Prinzen Söhne Seiner Majestät des Königs von Sachsen, mit Diener, Fräulein Dallery, Gouvernante der Prinzessinnen Töchter Seiner Majestät des Königs von Sachsen, Rechnungsrat Stelzner, 1 Garderobiere, 3 Lakaien aus Dresden Logis: Brem. Häuser Kaiser- und Moltkestraße."

Der König von Sachsen genoss höchstes Ansehen unter den Insulanern und ihren Gästen. Er regte eine Segelregatta an und nahm die Preisverteilung "höchstpersönlich" vor:

"Segel-Regatta."

Norderney, 3. August. Die von Sr. Majestät dem König von Sachsen angeregte Segelregatta fand heute, Sonnabend, den 3. August, vormittags 9 Uhr bei günstigem Wetter statt, nachdem sie zweimal wegen stürmischer Witterung hatte abgesagt werden müssen. Seine Majestät mit den Königl. Prinzen und seinem Gefolge begab sich präzise an bord des flaggengeschmückten Dampfers "Norddeich". Auch se. Durchlaucht der Prinz Ratibor, die Herren Landrat Bayer, Badekommissar Graf von Oeynhausen, Bürgermeister Dr. Uhde waren anwesend, das Publikum leider nicht so zahlreich vertreten, wie man es sich im Interesse der guten Sache wohl hätte wünschen mögen, und angebracht der ziemlich bewegten See jedoch hat erklärlich finden können.

Die Dampfer "Norddeich" und "Deutschland" fuhren zum Start bei der Segelbuhne. Pünktlich um 9 1/4 Uhr fiel der erste Signalschuß, den Start der Kutter anzeigend. Sämtliche gemeldeten Schiffe starteten.

Die Bahn war vom Schiedsrichter-Kollegium aus Zweckmäßigkeitsgründen verlegt und ging von der Segelbuhne durch den Schluchter um die Ansegeltonne und zurück. Um 9 1/2 Uhr folgten die Boote,begleitet von den beiden Dampfern.

Vom Startertische vor der Villa "Fresena" war die ganze Bahn zu übersehen. Ein großes Publikum verfolgte mit Spannung den Verlauf der Regatta; man debattierte eifrig und schloss sogar Wetten ab. Es war ein interessantes Bild. Die hübschen schlanken Boote mit ihren bunten Fähnlein schossen eilig dahin. Meer und Himmel trugen, trotz bedeckter Luft, frische lebhafte Farben, dazu die beflaggten Strandburgen, die ab- und zuströmenden Menschen - das Ganze war Leben und Bewegung. Gleich zu Anfang passierte der "Forelle" das Mißgeschick, den Mast zu brechen, so daß sie eingeschleppt werden maßte. Wie wir hören, wird der enttäuschte Besitzer getröstet werden. Im uebrigen verliefen beide Rennen glatt. Es war ein Vergnügen, die geschickten Segelmanöver zu bewundern. Vermeidung des Stromes, Benutzung des Gegenwindes, gewandtes Wenden - allerlei Listen und Kunststückchen kamen da zur Anwendung.

Um 10 Uhr 32 Minuten zeigte ein Signalschuß an, daß das erste Boot das Ziel passiert habe. Es wurden gezeitet:
A. Kutter
1. "Johann", Bes. Herrn Lührs, 1 Std. 15 M. - S.
2. "Sedan", Bes. Harte Pauls, 1 Std. 15 M. 15 S.
3. "Elise", Bes. Harm Köser, 1 Std. 15 M. 50 S.

B. Boote:
1. "Pauline", Bes. Joh. Ulrichs, 1 Std. 7 M. 59 S.
2. "Arion", Bes. Otto Köser, 1 Std. 11 M. - S.
3. "Freya", Bes. Jan Kluin, 1 Std. 13 m. 15 S.

Die beiden Boote "Nelson" und "Erne", welche nach der Zeit den zweiten und dritten Platz einnahmen, mußten wegen falscher Umsegelung der Rojen ausgeschlossen werden. Die Schiedsrichter, Herren Petersen, Ulrichs und Bents, begaben sich nunmehr zusammen mit den glücklichen Siegern an Bord des Dampfers "Norddeich", woselbst Se. Majestät sie mit freundlichen Worten begrüßte und die Preisverteilung sowie einige Ehrungen vornahm. Dann kehrte Se. Majestät an Land zurück.

Alles in allem - eine für Kurgäste und Insulaner schöne und glücklich verlaufende Veranstaltung, die für unsere Kurgäste eine angenehme Unterhaltung, für uns Insulanern in unsern einsamen Wintertagen ein Gegenstand schöner und dankbarer Erinnerung sein wird."

Am Nachmittag dieses glanzvollen Tages besuchte der König mit seinen Kindern eine Aufführung von "Max und Moritz" im Kurtheater, worüber die "Badezeitung" anmerkte:
"Besonderer Glanz wurde der Vorstellung zuteil durch die Gegenwarf Sr. Majestät des Königs von Sachsen, der in Begleitung des Kronprinzen und der Prinzen und Prinzessinnen mit Gefolge erschienen war. Die Allerhöchsten Herrschaften folgten der Aufführung bis zu Ende mit lebhafter Anteilnahme. Se. Majestät, der Herrn Direktor Arnold seine Befriedigung über das Gebotene ausdrückte, wurde ein prächtiges Blumenarrangement aus rosa Dahlien überreicht."

Zwei Tage später verließ Friedrich August III. mit seinen Kindern Georg, Friedrich Christian, Ernst Heinrich, Margarete Karola und Maria Alix die Insel. Die Verabschiedung durch die offiziellen der Insel geschah auf dieselbe Weise wie bei Kaiser Wilhelm im Jahr zuvor am 5. August 1907, abends um 19.30 Uhr, wie es die "Badezeitung" bekanntmachte.

Die Anekdote

Friedrich August III. bestieg 1904 den sächsischen Thron. Er kümmerte sich nach Kräften um seine Kinder, die er auch bei seinem Besuch Norderneys im Jahr 1907 mit auf die Insel brachte. Die königliche Familie - ohne Königin - war in den "Bremer Häusern" untergebracht. Der König von Sachsen genoß höchstes Ansehen unter den Insulanern und ihren Gästen. Er regte eine egelregatta an und nahm die Preisverteilung "höchstpersönlich" vor. Mit seinem Gefolge sorgte er dafür, daß sich Norderney wieder im Glanze einer "Königlichen Hoheit" sonnen konnte.

Natürlich fehlt es nicht an einer Norderneyer Anekdote, die unabdingbar für den durch zahlreiche charakteristische Begebenheiten bekannt gewordenen letzten Monarchen Sachsens ist. Sie wurde von Günther Barty, dem verdienstvollen Redakteur der "Norderneyer Badezeitung", so überliefert:

Bei seinem Aufenthalt auf Norderney macht der König von der Segelbuhne aus eine Bootsfahrt. Die Passagiere nehmen Platz, wobei der Bootsführer die Plätze anweist. Die Fahrt geht los, dem König wird es durch überkommendes Spritzwasser an seinem Platz ungemütlich. Er will ihn wechseln, was der Schiffer ihm untersagt. "Wissen Sie nicht, wer ich bin? Ich bin der König von Sachsen!" beschwert sich der König. "Dann hebben Se een gooden Baontji. De hollen Se man düchtig fast." lautet die Antwort des Seemannes. (Baontji = Stellung)

Metzsch, W. v.: Friedrich August III. König von Sachsen. Ein Lebensbild. Berlin 1906.


NBZ 06.08.2007 - Das Jahr 1907 Hilfe/Info Logo der Chronik © 2002-2024 H.-H. Barty Seitenanfang