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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 7

Norderney Kurier (Serie erschien vom 01.09.2017 - 13.10.2017)

Lebenswert für zukünftige Generationen

Im sechsten Teil der Serie stand eine Frage im Mittelpunkt: "Norderney, wo gehst du hin?" Der Norderneyer Herbert Visser hat seine Vision der Zukunft der Insel für das Jahr 2033 in einer Kolumne niedergeschrieben. Den Text hat er 2013 bei einer Silvesterfeier im Norderneyer Brauhaus vorgelesen. Durch Zufall ist dem Autor dieser Serie sein Beitrag in die Hände gekommen und hier sind einige Passagen aus Vissers Zukunfts-Vision wiedergegeben, die gut zum Thema der Serie passen:

Eine (fast) wahre Geschichte von Herbert Visser

"Nun lebe ich schon viele Jahre auf dem Festland und hatte mir doch eigentlich geschworen, nie mehr auf meine Geburtsinsel Norderney zurückzukehren. Eigentlich noch zu lebhaft sind all die negativen Entwicklungen meiner letzten Jahre auf der Insel in Erinnerung. Aber zum 80. Geburtstag habe ich nun mit meinem Vorsatz gebrochen und mache mich Ende Dezember 2033 auf den Weg nach Norderney.

Den Bahnhof Norddeich-Mole gibt es nicht mehr, dafür ist die A 31 jetzt durchgehend bis zur Mole fertiggestellt. Die Bahnverbindung wurde schon 2024 aufgegeben, stattdessen gibt es dafür an dieser Stelle eine riesige Thalasso-Plattform mit überdachtem Blick auf die Inseln Norderney und Alcatraz, ach ne, die heißt ja immer noch Juist.

Drei Fährbrücken gibt es jetzt nach Norderney, die Schiffe fahren im Pendelverkehr. Allerdings sind die Fährbrücken eins und zwei ausschließlich den Zweitwohnungsbesitzern vorbehalten. Sie reisen ermäßigt mit einer Zweitwohnerkarte. Die letzten Norderneyer haben sich um 2029 umgesiedelt. Also kaufe ich mir eine Tageskarte, die mittlerweile mehr als das Doppelte einer Zweitwohnerkarte kostet. Die Insel der Schönen und Reichen zu besuchen, hat eben seinen Preis. Nach der letzten Wahl des neuen Rates, so konnte man es in der Festlandpresse lesen, hat die Partei "NN-Neue Norderneyer" fast 95 Prozent der Stimmen bekommen. Nach einer Änderung des Wahlrechts waren nun auch Zweitwohnungsbesitzer stimmberechtigt. Bürgermeister wurde Kevin Koslowski aus Essen-Rüttenscheid, der schon 2013 eine Eigentumswohnung in der Nähe des Januskopfes erworben hatte.

Am frühen Vormittag erreiche ich an diesem schönen Wintertag den Hafen von Norderney. Mit den bereitstehenden Bussen der Reederei Stegmann geht es jetzt direkt Richtung Innenstadt. Die Hafenstraße heißt jetzt übrigens "Immobilien-Chaussee" und die Endstation, der ehemalige Busbahnhof Rosengarten, ist der Lila Terminal. Aus der Konzertmuschel höre ich bekannte Klänge. Es ist aber kein Kurorchester, sondern Musik über Lautsprecher, "Glück auf, der Steiger kommt!" heißt der Song. Am vormaligen Kurplatz, nach einer namhaften Spende eines Zweitwohners jetzt Plaza Crédit Suisse, befindet sich doch tatsächlich noch das Rathaus. Bei dem Schnellrestaurant an der Ecke riecht es immer noch nach Fisch. Am "Bermuda-Dreieck" hat sich jetzt ein neuer Geldadel niedergelassen. Der reichste unter ihnen, er nennt sich nur Vladimir. Ach ja, und Radfahren ist jetzt generell und überall erlaubt. Beim Aldi-Markt, auf dem Platz wo früher die evangelische Kirche stand, gibt es sogar für die ganz Eiligen einen Drive-Thru für Radfahrer! Die Zeit drängt, ich will noch weiter meine alte Heimat ansehen. Das wunderschöne alte Grundschulgebäude heißt jetzt Engelsburg und beherbergt insgesamt 45 Lofts. Dort, wo einst mein mit viel Liebe restauriertes Einfamilienhaus in der Tannenstraße stand, das 2013 100 Jahre alt geworden war, erhebt sich jetzt ein viergeschossiger Kasten in "Ritter-Sport-Architektur". Vor dem Haus treffe ich einen Zweitwohner und spreche ihn an. Ja, sagt er ohne mich zu erkennen, der letzte Eigentümer sei ein Querkopf gewesen und habe partout nicht verkaufen wollen. Er habe sogar eine Norderney-Flagge mit dem Slogan "Wir bleiben hier" gehisst. "Nachdem er auch aufgeben musste, haben wir diese wunderschöne Wabe von der 'PIG - projekt insular global' in diesem Objekt erwerben können." Es heißt jetzt Tannen-Loft .... Tannen-Loft - Weltuntergang - Brauhaus - Silvester 2013...

Vollkommen geschockt wache ich auf. Mir ist ganz heiß, ich schwitze und sehe mich ängstlich um. Es ist dunkel. Was für ein schrecklicher Alptraum! Wohl mal wieder zu viel Malt-Whisky gehabt! Zum Glück kann das doch wohl niemals Wirklichkeit werden?!"

Herbert Vissers Alptraum kann dazu anregen, über die Zukunft Norderneys nachzudenken und darüber, wie sich die Insel entwickeln sollte. Zu der Schreckensvision über Entwicklung kommen noch die Meldungen über die Klimaveränderung, die noch ein ganz anderes Bild darstellen könnte.

Der Autor möchte zum Ende der Serie an alle Verantwortlichen der Insel appellieren: "Der stetige Wachstum hat seine Grenzen erreicht, wenn nicht schon überschritten." Nur hier auf der Insel könne man seine Schlüsse daraus ziehen und dazu beitragen, dass Norderney auch für die zukünftigen Generationen eine lebenswerte Insel bleibt.

Der Westkopf der Insel Norderney

Der Westkopf der Insel Norderney auf einem Luftbild aus dem Mai diesen Jahres.

Haus an der Frisiastraße

Dieses Haus an der Frisiastraße wurde 1928 von "Opa Hermann Harms" gebaut und wird in dritter Generation von der Harms-Familie bewohnt. "Klein, aber mein" heißt die Devise der Originalen. Die kleine Fahne zu zeigen, ist typisch für einen Insulaner: Er will nicht auffallen, aber verstecken will er sich auch nicht. "He is stikum un sinnig", heißt es. In den nächsten Jahren wird es immer weniger Original-Norderneyer auf der Insel geben, die ihre Wurzeln im Dünensand haben. Durch die neue Bevölkerungsstruktur und den Zeitgeist verändert sich das Ortsbild rasant. Auch die Lebensweise der Inselbewohner ändert sich. Zu begrüßen ist, dass einige Neubürger norderneyerischer sind als manche Alteingesessenen - und das gibt Hoffnung. Die alten Tugenden waren nicht falsch und der Teufel Mammon hat schon manches Unheil über Familien gebracht. Im Norderney-Lied heißt es in der zweiten Strophe: "Ich liebe nicht das Flittergold der Städte, nicht Prunk noch Pracht der gleisnerischen Welt. Ein festes Haus, ein einfach Hausgerät, ein braves Weib, das Gott mir zugestellt: Das sind all meine Schätze, auf die ich Hoffnung setze. Und Freiheit gilt mir mehr als eitler Schein. Ein Norderneyer bin und will ich sein."

Gepäckabfertigungshalle am Ortseingang

1892 baute man eine Güter- und Gepäckabfertigungshalle am Ortseingang der Insel. Vom Hafen her führte ein kleiner Deich, der teilweise mit Holzstegen belegt war. Auf ihm wurden auf Pferdefuhr-werken die Güter zu den Schiffen transportiert. Bis 1974 hatte die Speditionsfirma Georg Johann Fischer die Halle für den Gütertransport genutzt. Um 1984 erwarb die Reederie Norden-Frisia das Gebäude und baute den Innenteil der großen Halle zu Büroräumen der Verwaltung aus. Im Laufe der Jahre wuchs dieses Haus zu einem Juwel und war die Visitenkarte für die ankommenden Gäste. 2017 baute die Reederie ein neues Terminal mit Büroräumen am Hafen. Derzeit laufen Verhand-lungen über die Zukunft des Hauses Schifffahrt. Ein Antrag an die Stadt, einen Discounter dort einzurichten, wurde von den Ratsmitgliedern abgelehnt. Ein schönes Stück Alt-Norderney hat seine Schuldigkeit getan und seine Zukunft ist noch ungewiss.


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