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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 16

Norderney Kurier (Serie erschien vom 03.06.2016 - 24.02.2017)

Auswirkungen des Attentats auf den österreichischen Thronfolger werden mit Spannung verfolgt

Die unmittelbare Umgebung der Inselmühle hatte sich bis bis 1910 noch nicht wesentlich verändert. Zum Deich hin, nach Süden gesehen, befand sich Weideland für Schafe, Pferde oder auch Kühe. Direkt vor der Mühle verlief der "Postweg durch das Watt".

Nach Norden hin waren die nächsten Gebäude die des Schlachthofes, außerdem das "Maschinengebäude der Canalisation" und eine "Waschanstalt" (siehe Karte von 1912).

Renn- und Fahrfest

Zur Unterhaltung der Inselgäste gab es seit 1893 ein vom "Grafen zu Inn- und Knyphausen" als Ehrenpräsident des "Rennvereins für Oldenburg und Ostfriesland" eröffnetes erstmaliges Renn- und Fahrfest auf Norderney. Zunächst fanden diese beliebten Pferderennen am Norderneyer Strand statt - schon 1894 wurde der "Renn Verein zu Norderney" gegründet. Ab 1912 gab es diese Rennen dann auf dem neu angelegten Sportplatz auf dem Gelände vor der Marienstraße.

Scherl‘s Pavillon

Vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Mittelpunkt des Geschehens : Scherl‘s Pavillon, auch in unserer Zeit als Milchbar eine der beliebtesten Plätze der Insel.

Im "Führer für 1912", herausgegeben von der "Königl. Badeverwaltung Norderney" wird von den Inselattraktionen berichtet, die auch ihren Anteil daran hatten, das man beispielsweise im Jahr 1914 mit knapp 40.000 Besuchern von einer Rekordsaison sprach:

"...Auf dem in der Ausführung begriffenen Renn- und Sportplatz am Hafen (Fünf Minuten vom Ort), welche mit Beginn der diesjährigen Saison eröffnet wird, sind folgende Anlagen vorgesehen: Traber- Flach- und Hürdenbahn, Hindernisbahn, Polo und Fliegerplatz, Kinderspiel- und Belustigungsplatz, Gondel- und Schwimmteich, ferner Cricket-, Golf- und Fußballplätze. Die massive Tribüne hat 1.000 Sitzplätze und erhält ein gut geführtes Restaurant."

Wehrübungen für Fleetjer

Nach seiner "Grundwehrzeit" vom Oktober 1899 bis zum 23. September 1901 - also fast zwei Jahre lang - hatte Okko Fleetjer, mein Großvater, noch zweimal "Wehrübungen" zu absolvieren, die erste 14-tägige Übung dauerte vom 27. April bis zum 10.Mai 1905, beim "Westfälischen Jäger-Bataillon". Im Jahr 1908 folgte die zweite Übung vom 13. bis zum 26. Mai 1908.

Danach konnte sich der - nicht mehr ganz junge Müller (zu Kriegsbeginn 1914 wurde er 34 Jahre alt) - vollkommen auf seinen Beruf, auf seine Mühle, konzentrieren. Immerhin musste er auch das Geld aufbringen, denn er hatte zwischen 1904 und 1910 seinem Vater die Windmühle "Selden Rüst" für 9.000 Reichsmark abgekauft, beziehungsweise hat er vermutlich die alte Hypothek seines Vaters übernommen, die er im Jahr 1918 komplett ablösen konnte.

Der erste Weltkrieg

Das bestimmende Ereignis dieses Jahrzehnts ist aber, auch für die Insel Norderney, unbestritten der Erste Weltkrieg. Er wird allgemein als "Europäische Katastrophe" oder auch als "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" erachtet (Franz Hofmeier "Der Erste Weltkrieg", 2013).

In seinem Buch beschreibt Franz Hofmeier, wie sehr dieser Krieg seine Spuren hinterlassen hat, und dass dieser Konflikt Keimzelle für zahlreiche problematische Entwicklungen der Folgejahre war. Franz Hofmeier zeigt eindrücklich auf, was der Krieg für die Bevölkerung - zu Hause und an der Front - bedeutete,dazu gehören das Leid der Opfer, Hunger und Not und dies über viele Jahre danach.

Vorzeichen für den Krieg

"Vorzeichen (fürdenKrieg) gab es genug - aber eine Vorstellung vom Elend und Leid, das dieser Krieg mit sichbringen würde, hatte niemand. Das Industriezeitalter mit den damit einhergehenden technischen Neuerungen verlieh dem Geschehen ein dramatisches Ausmaß, dass es in der Weltgeschichte bis dahin nicht gegeben hatte. Die Folgen, die sich aus diesem Krieg ergaben, waren vielfältig und trugen Keime für kommende problematische Entwicklungen in sich."

Es gibt sogar nicht wenige Historiker, die von einem 30-jährigen Krieg ausgehen, unterbrochen von einer "Waffenstillstands-Phase" zwischen 1919 und 1939. Ebenso ist seit einiger Zeit eine Diskussion aufgekommen, ob es tatsächlich eine allgemeine Kriegbegeisterung gab - oder ob diese Berichterstattung sogar ins "Reich der Legenden" gehört. Auch der folgende Artikel zeigt eher eine (sehr nachvollziehbare) Furcht als einen "Hurra-Patriotismus": Am 12. August 2014 wird in der Norderneyer Badezeitung an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnert:

Spannung beim Volk

"Wie in anderen Städten auch, so war auf Norderney das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand mit großer Bestürzung aufgenommen worden, und mit viel Aufmerksamkeit und Spannung erwartete man am 25.Juli eine Reaktion Serbiens auf das österreichische Ultimatum. Am 28. Juli erklärte Österreich Serbien den Krieg. Bereits in den Tagen zuvor waren die Anschlagtafeln und die Verkaufsbüros der Verlage von Scherl und Ullstein von Gästen und Einwohnern stets dicht umlagert gewesen. An diesem 28. Juli, abends, füllten sich aufNorderney die Lokale mit gewaltigen Menschenmassen, eifrig diskutierend über die spannenden politischen Verhältnisse. Die Menschen waren sich sicher, dass trotz der großen Gefahr für den Weltfrieden es auch diesmal gelingen würde, einen Krieg zu bannen. Weiterhin merkte Redakteur Heykamp an, dass Norderney selbst im Kriegsfalle nicht in Mitleidenschaft gezogen werde wie die befestigten Inseln (zum Beispiel Helgoland). Somit hätten die Gäste auf Norderney keine Veranlassung, beunruhigt zu sein. Seitens der Badegäste wurde der Presse vorgeworfen, auf Verlangen des Norderneyer Gemeindevorstandes nur die günstigen Mitteilungen zu veröffentlichen, die ungünstigen Meldungen über die politische Situation dagegen zu sperren. Der Gemeindevorstand ließ verlautbaren, dass Bürgermeister Dr. Uhde die Presse gebeten habe, beim "Aushang von Nachrichten über die kriegerischen politischen Ereignisse etwas kritischer zu verfahren und nicht jede, auf den ersten Blick schon unwahrscheinliche Sensationsmeldung anzuschlagen."

Auch Jann Berghaus, damals als Rektor der Norderneyer Schule tätig, beschreibt diese Tage zwischen Frieden und Krieg sehr plastisch in seinen Erzählungen, im Kapitel "Der Krieg 1914 bis 1918": "Wie ein Blitz schlug der Krieg bei uns auf Norderney ein. Die Insel war mit Kurgästen voll besetzt, kaum ein Bett war frei. Die vorangehende unruhige Zeit seit dem Morde von Sarajewo am 28. Juni 1914 hatte die Erholung und Entspannung Ersehnenden nicht abgehalten, die Nordsee aufzusuchen. Zu oft schon hatten Kriegsgerüchte die Lüfte durchschwirrt, sodass man auch jetzt nicht an den Ausbruch des Krieges glaubte. Die Spannung wuchs aber von Tag zu Tag und steigerte sich auf das Höchste. Die Nachrichten-Stellen von Ullstein und Scherl waren stets umlagert, jeder wollte von den neuesten Depeschen Kenntnis nehmen. Und immer dieselbe Frage: Gibt es Krieg?

Als am 28. Juli das österreichische Ultimatum an Serbien ablief, füllten sich die Restaurationssäle eines großen Hotels mit Kurgästen und Einheimischen. Und die Nachricht kam. Serbien hatte die österreichische Forderung abgelehnt, der Krieg war da."

Der Pferderennplatz vor der Mühle um 1930.

Der Pferderennplatz vor der Mühle um 1930.

Stadtkarte von 1912.

Stadtkarte von 1912.


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