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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 20

Norderney Kurier (Serie erschien vom 03.06.2016 - 24.02.2017)

Die junge Weimarer Republik hat nach ihrer Gründung einen schweren Start

Die junge Weimarer Republik hatte nach ihrer Gründung am 9. November des Jahres 1918 einen schweren Start. Auch wirtschaftlich gesehen war der Erste Weltkrieg für Deutschland eine Katastrophe, dies setzte sich auch in der Nachkriegszeit ungemindert fort. Um die gewaltigen Investitionen für Waffen, Munitionen, Soldaten, Verpflegung, Transport und Logistik aufzubringen, waren enorme Mengen an Banknoten gedruckt worden. Auf diese Weise sollte der Krieg finanziert werden.

Erhebliche wirtschaftliche Ausgleichszahlungen kamen mit dem Vertrag von Versailles auf Deutschland zu, die sogenannten Reparationen. 1921 wird von einer alliierten Kommission die Gesamtsumme der Entschädigungsleistungen auf 132 Milliarden Goldmark festgelegt, die Deutschland innerhalb von 30 Jahren ableisten sollte. Eine schier unermessliche Summe, die das ausgeblutete Land kaum aufbringen konnte. Außerdem musste die Regierung Kriegsanleihen an Bürger zurückzahlen. Um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, brachte die Regierung mehr und mehr Geld in Umlauf, auch wenn es für die immer höhere Anzahl Banknoten keine materiellen Gegenwerte im Land gab. Dadurch begann der Teufelskreis der Inflation. Immer mehr Geld war bald immer weniger wert, Preise und Löhne explodierten.

Aus der "galoppierenden" Inflation wurde ab Juni 1923 die "Hyperinflation". Lohnzahlungen erfolgten täglich, da das Geld nunmehr stündlich an Wert verlor. Beispielsweise kostete ein Ei in dieser Zeit die aberwitzige Summe von 320 Milliarden Mark.

Am 15. November 1923 wurde eine neue Währung eingesetzt - die Rentenmark, Ende des Jahres 1924 erfolgte die Einführung der Reichsmark. In dieser Zeit entwickelte der Amerikaner Charles Dawes eine Art "Marshallplan".

Der sogenannte "Dawes-Plan" befasste sich mit der Leistungsfähigkeit Deutschlands für die Reparationszahlungen. Hierbei wurde festgelegt, wie hoch die Reparationszahlungen sein sollten, wenn die Wirtschaftslage Deutschlands sich verbessert hat. Die deutsche Wirtschaf t erholte sich Mitte der 1920er-Jahre und wurde wieder zahlungsfähig. Die berühmten "Goldenen 20er- Jahre" begannen.

Luftaufnahme um 1930

Luftaufnahme um 1930 - Blick über den Sportplatz vor der Mühle/Marienstraße zum Flughafen.

Trotz wirtschaftlich und politisch schwierigen Zeiten führte die kleine Norderneyer Müllerfamilie ein harmonisches, eher zurückgezogenes Leben. Okko Fleetjer arbeitete (vermutlich mit ein oder zwei Gehilfen) in der Mühle, seine Frau Sophie Fleetjer führte sehr bestimmt den Haushalt und kümmerte sich in gleicher Weise um das Geschäft, es gibt einen kleinen Laden zwischen Mühle und Wohnhaus, in dem Tierfutter verkauft wird. Der Teil des heutigen Restaurants Zur Mühle, der aus eben diesem Grunde "Kornkammer" genannt ist.

Die beiden Kinder waren in der Obhut eines "Mädchens"; zu der Zeit kein Indiz für besonderen Reichtum. Aber sicherlich war es ein ziemlich solides Familien-Fundament, auf das meine Großeltern bauten. So gesehen, waren die beiden in diesen unruhigen und auch unsicheren Jahren ein "perfektes Paar", beide im besten Sinne "einfache" Menschen, die aber durch die Erfahrungen ihres bisherigen Lebens - insbesondere das bewusste Erleben der Schrecken des 1. Weltkriegs - den Wert ihrer beständigen Existenz zu schätzen wussten. Mein Großvater durch die sicher strenge Erziehung des 19. Jahrhunderts in der Müllerfamilie und die Erfahrungen an der Front des Krieges. Meine Großmutter - geboren 1892 und mit fünf Schwestern und einem Bruder auf einem Bauernhof in Barsinghausen aufgewachsen - hat schon in sehr jungen Jahren lernen müssen, Verantwortung zu übernehmen und war dann bis zur Eheschließung 1921 berufstätig, für eine Frau der damaligen Zeit schon außergewöhnlich. Von diesem Hausmädchen erzählte meine Tante gern, dass es nach Ansicht meiner Großmutter sonst "nichts konnte" - also Kochen und die übrige Hauswirtschaft - aber mit den Kindern der kleinen Norderneyer Müllerfamilie konnte sie wohl wunderbar umgehen.

Das Hausmädchen der Familie Fleetjer mit Aafkea (ganz links), Elisabeth und einem eigenen Kind vor der Mühle

Bild: Das Hausmädchen der Familie Fleetjer mit Aafkea (ganz links), Elisabeth und einem eigenen Kind vor der Mühle.

In diesen Jahren waren die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern trotz der teilweise großen räumlichen Entfernung herzlich, die Großmutter aus Barsinghausen war oft Gast in der Norderneyer Müllerfamilie. Noch intensiver waren der Kontakt mit der ostfriesischen Verwandschaft, der Bruder meines Großvaters in Münkeboe war jetzt ebenfalls ein verheirateter Familienvater von fünf Kindern, Vettern und Kusinen meiner Mutter und meiner Tante.

17. Juli 1927

Sophie und Okko Fleetjer, zusammen mit den Kindern Afkea (Mitte) und Elisabeth vor ihrer Mühle; aufgenommen an einem schönen Sommertag am 17. Juli 1927.

Der Betrieb auf der Pferderennbahn, praktisch vor der Haustür der Inselmühle, war nach Kriegsende wieder aufgenommen worden. An diesen Renn- und Sporttagen hatte die Familie einen kostenlosen Logenplatz auf der Galerie der Windmühle. Dieses war eine der Maßnahmen, den vor dem Krieg so gewinnbringenden Bäderbetrieb wieder in Schwung zu bringen.

"Nach dem Zusammenbruch wurde auf Norderney alles unternommen, um den Fremdenverkehr wieder anzukurbeln" - so schreibt Jann Saathoff in "Norderney II". "1921 pachtete die Gemeinde vom preußischen Staat die Einrichtungen und Anlagen des Bades. 1923 erfolgte die Währungsreform, und die Rentenmark wurde eingeführt. Es brachte zwar die "Roaring Twenties" an, aber der Fremdenverkehr kam nicht so richtig in Schwung. 1925 wurde der Seebäderflugverkehr durch die Deutsche Lufthansa wieder aufgenommen. Norderney hatte zu dieser Zeit 5.564 Einwohner in 829 Häusern. 1927 kamen 38.000 Kurgäste und man sprach von einer erfolgreichen Saison."

Mit viel unternehmerischem Geschick und nicht unerheblichen Investitionen kam auch mit einer Erneuerung der "Strandhallen" und einer Wiederinbetriebnahme der "Victoria Halle" mit einem 1924 errichteten Anbau, dem "Metropol-Tanzpalast", etwas vom Glanz der berühmten "Roaring Twenties" - der "Goldenen Zwanzigerjahre" auf die Insel.

Im Jahr 1929 wurde dann auf der Nordsee-Insel der Grundstein gelegt für das erste europäische Seewasser-Wellenschwimmbad. Dies trotz der immer noch oder auch wieder schwierigen Zeiten, denn der sogenannte "Schwarze Freitag" 1929, der Tag des Zusammenbruchs der Börse in New York, leitete eine Weltwirtschaftskrise ein, eine Folge davon war die hohe Arbeitslosigkeit, die 1931 in Deutschland bei 45 Prozent lag.

Prämienrechnung am 12. November 1923

Prämienrechnung am 12. November 1923 der Haftpflichtversicherung für die Mühle auf dem Höhepunkt der Inflation: von 29 Mark hin zu 560 Milliarden Mark.


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