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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 25

Norderney Kurier (Serie erschien vom 03.06.2016 - 24.02.2017)

Der ehemalige Fliegerhorst an der Mühle wird zum Wohngebiet

Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 fand im Sommer die "Potsdamer Konferenz" statt, auf der sich die vier Siegermächte Sowjetunion, USA, Frankreich und Großbritannien auf wesentliche wirtschaftliche und politische Grundsätze für eine gemeinsame Deutschlandpolitik grundsätzlich einigten: Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Dezentralisierung, Dekartellisierung der Wirtschaft und Demokratisierung. Deutschland wird dabei in vier Sektoren aufgeteilt, in denen mithilfe von Militärregierungen die oberste Staatsgewalt ausgeübt wird. Auch wird ein "Aliierter Kontrollrat" gebildet, bestehend aus den vier Oberbefehlshabern dieser "Zonen".

Es finden recht bald schon mehrere große Gerichtsverfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher der NS-Zeit statt, der sicher bekannteste ist der vom "Internationalem Gerichtshof" durchgeführte "Nürnberger Prozess" im Herbst 1945. Aber auch an anderen Orten finden noch NS-Prozesse statt, wie beispielsweise der Eichmann-Prozess in Israel 1961/62 und, sehr viel später im Herbst 1975, die Hauptverhandlung des Majdanek-Prozesses. Die Mehrzahl der Deutschen muss sich aber lediglich in Spruchkammerverfahren der "Entnazifizierung" stellen. Diese Ehrenerklärungen zur Weißwaschung erhielten nach dem bekannten Waschmittel im Volksmund den Spitznamen "Persilscheine".

Der Kurplatz auf Norderney wird zum Kartoffelacker. Norderney gehörte zur britisch besetzten Zone und hatte einen alliierten Stadtkommandanten. Im Buch "Norderney II" beschreibt Jann Saathoff die Situation dieser Nachkriegszeit: "Die Insel hatte 1945 5.400 Einwohner und 350 Evakuierte. Hinzu kamen noch 1.200 ehemalige Soldaten, von denen 750 in Lazaretten untergebracht waren. Die Versorgungslage war dramatisch, denn rund 95 Prozent des Bedarfs der Bevölkerung musste vom Festland beschafft werden. Der Kurplatz war über Nacht in eine Kartoffelanbaufläche umgewandelt worden und der alliierte Stadtkommandant wurde von der Notwendigkeit überzeugt, das Marinefluglpatzgelände als Gartenfläche freizugeben. 1946 zählte die Insel 870 Evakuierte, und 1947 wurden der Insel weitere 1.000 Flüchtlinge zugewiesen. Die Bevölkerung stieg auf 8.700 Personen an." Es war nicht nur der Kurplatz, der als Ackerfläche diente, jede noch so kleine Gartenfläche war schon während des Krieges für eine Selbstversorgung der Norderneyer Bürger wichtig geworden. Hinzu kam - wie bereits erwähnt - eine verstärkte Kleintierhaltung, also Hühner, Kaninchen, Enten, aber auch Schweine und Pferde (Pferdeomnibusse) als Nutztiere gehörten noch bis weit in die 1950er-Jahre ganz selbstverständlich zum Inselleben dazu. Durch diesen Umstand war die Bedeutung der Mühle für die Inselbevölkerung immer noch hoch: als Lieferant für Tierfutter, aber selbstverständlich auch als Versorger der in jenen Jahren noch zahlreich vorhandenen Bäckerbetriebe - es war eben lange vor der Zeit industriell hergestellter Backwaren.

Die Gebäude des Kasernenhofes werden zu Familienwohnraum und zur "Mittelschule" - auch die unmittelbare Umgebung der Windmühle "Selden Rüst" wurde einmal mehr einer erheblichen (Nutzungs-) Veränderung unterworfen. Die in den 1930er-Jahren errichteten Bauten des Fliegerhorstes wurden nach Kriegsende zum Wohnraum vieler Familien. Das Gebäude nördlich der Mühle, ehemals Wirtschaftsgebäude und Kantine der Luftwaffe, wird ab dem Jahre 1952 als Schulgebäude genutzt. Das alte Schulgebäude in der Jann-Berghaus-Straße reichte nicht mehr aus, wie überall in der jungen Republik waren die Nachkriegsjahrgänge überaus kinderreich. So gab es teilweise vier Klassen eines jeden Jahrgangs. Auf der Internetseite der KGS Norderney liest man: "Während die Volksschule im alten 'Zentralschulgebäude' blieb, zog die Mittelschule 1952 um in eine ehemalige Luftwaffenkaserne, dem neuen 'Schulzentruman der Mühle', und nahm 1966 die neue Bezeichnung 'Realschule' an."

"Hamsterfahrten" - ausgebombt - "aus zwei mach eins" - "Währungsreform" - Schlagwörter der Nachkriegszeit, Begriffe und damit verbundene Geschichten, mit denen wir Nachkriegs-Geborene aufgewachsen sind. Zwar haben wir weder den Krieg erlebt, noch die ersten, ganz schweren Jahre nach 1945 bewusst erfahren - jedoch spürte man schon als Kind und später Heranwachsende/r sehr deutlich - etwa wie ein fernes Gewittergrummeln - wie die Eltern und andere Verwandte die Zeit nach dem Krieg erlebt hatten. So schreibt auch Sabine Bode in ihem Buch "Nachkriegskinder- die 1950er-Jahrgänge und ihre Soldatenväter": "In den Fünfzigerjahren war die Welt noch nicht in Ordnung. Auf ganz Europa lasteten die Folgen eines verheerenden Krieges und die Deutschen in Ost und West bemühten sich, möglichst wenig an den Holocaust zu denken. Ende der 1950er-Jahre begannen sich die Verhältnisse zu stabilisieren. Auch meinen Eltern war es gelungen, ihr Leben wieder in normale Bahnen zu lenken. Die Männer trugen noch Hüte, sie sahen eleganter aus als die Väter heute..."

So schlecht und dramatisch wie die Versorgung mit Lebensmitteln auf der Insel auch war, viele Menschen in den kleineren und größeren Städten des Landes hausten unter unsäglichen Bedingungen: ganze Familien in ein oder zwei Räumen - teils ohne Heizung, ohne eine Kochmöglichkeit. Hinzu kam,dass die letzten Kriegswinter und dann auch die Winter der Nachkriegszeit extrem kalt und lang waren. Die Menschen litten unter Hunger und die Versorgung mit Lebensmitteln reichte nirgendwo aus, am ehesten aber noch in den Dörfern. Millionen von Deutschen reisten während der Schwarzmarktzeit auf der Jagd nach Essbarem durchs Land. Bepackt mit Rucksäcken und Koffern klammerten sie sich auf Trittbrettern fest, quetschten sich in überfüllte Abteile oder hockten auf den Waggondächern auf Hamsterfahrt. Getauscht wurden - falls noch vorhanden - kostbare Dinge wie Schmuck, Pelzmäntel und vielleicht Besteck gegen Eier, Kartoffeln, Speck, Brennmaterial - auch Zigaretten waren ein begehrtes Tauschgut.

Eine neue Währung - die D-Mark. Am 5. Juni 1947 präsentierte der amerikanische Außenminister G. Marshall das "European Recovery Program", ein Aufbauprogramm, kurz "Marshall-Plan" genannt. Viel Geld wurde im Nachfolgenden nach Europa transferiert, zwischen 1948 und 1952 werden insgesamt 12,4 Milliarden Dollar bereitgestellt. Davon fließen - laut einem Referat "Lebendiges Museum Online : Marshall-Plan und Währungsreform" - 1,5 Milliarden Dollar nach Westdeutschland. Eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands ist eine neue Währung. So führen die Westmächte für ihre Zonen eine Währungsreform durch. Mit der Einführung der D-Mark am 21. Juni 1948 werden Löhne, Gehälter und Mieten im Verhältnis 1:1 umgewertet. Jeder Westdeutsche erhielt zunächst 40 DM und später noch einmal 20 DM ("Kopfgeld"). Grundbesitz, Produktionsstätten und Aktien behielten ihren Wert und wurden weiter frei gehandelt, allerdings wurde ein eventuell vorhandenes Sparguthaben in einem sehr schlechten Verhältnis von bis zu 15:1 umgetauscht.

Die Gebäude an der Mühle

Die Gebäude an der Mühle werden einer anderen Nutzung zugeführt. Von Kasernenbauten zu Familienunterkünften und Schulen.

Einstellungsbescheid

Der "Einstellungsbescheid" für das Entnazifizierungsverfahren für Okko Fleetjer, was wichtig war für die Weiterführung des Betriebes.

Bescheinigungen für die "Ablieferung" von Bargeld und Anmeldung von Reichsmarkkonten

Bescheinigungen für die "Ablieferung" von Bargeld und Anmeldung von Reichsmarkkonten

Bescheinigungen für die "Ablieferung" von Bargeld und Anmeldung von Reichsmarkkonten


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