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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 12

Norderney Kurier (Serie erschien vom 27.10.2017 - 09.11.2018)

Wann ist es vorbei mit dem Platt?

Auch auf Norderney ist heute die Heimatsprache Plattdeutsch im täglichen Miteinander nur noch bei wenigen Norderneyern gängig. Diese Entwicklung kann man bedauern oder auch nicht. Ortgies notiert: "Am häufigsten vernehmen wir Platt in den Landgemeinden. Dort wird es in der Familie gesprochen, unter Nachbarn, bei der Arbeit und im Kaufmannsladen. Weniger Platt hören wir in den Städten. In Arztpraxen, Krankenhäusern und bei den Behörden wird überwiegend Hochdeutsch gesprochen. Ausnahmen gibt es, wenn Ärzte, Beamte oder Angestellte selbst plattdeutscher Herkunft sind."

Auf Norderney hat der Insulaner doch noch einige Vorteile, wenn er die alte Sprache beherrscht. Die Kurgäste, die die Insel und deren Einwohner lieben, sehen schon am Erscheinungsbild der Leute, dass sie Einheimische sind. Männer, die noch die blaue Schirmmütze tragen, fallen im Stadtbild auf, und im Gespräch bemerken die Gäste gleich die ostfriesische Mundart.

Auch politisch konnte Norderney manchmal davon profitieren, wenn bei Zusammenkünften mit festländischen Senatoren plattdeutsche Wörter verwendet wurden. Hierzu ein Beispiel: Der verstorbene Remmer Harms, der von 1984 bis 2001 Bürgermeister war,hatte oft Termine im Landtag in Hannover. Ratsherr Paul Kanngießer gab ihm den Tipp, häufig plattdeutsche Sätze in seine Vorträge mit einzubinden. Das kam gut an und durch sein Äußeres, als Vollbart- und Fischer-Ohrringträger, verkörperte er den Insulaner. Damit hatte er sofort volle Sympathie und sein Anliegen wurde wohlwollend behandelt.

Seit einigen Jahren wird von der Kurverwaltung der Septembermonat als "Septembermaant is Plattdüütskaant" organisiert. Bei diesem plattdeutschen Monat bemühen sich noch ein paar Idealisten, die Sprache bei Vorträgen, Gottesdiensten oder Führungen den Neu-Bürgern und den Kurgästen auf der Insel nahezubringen und schmackhaft zu machen. Früher war es auf Norderney etwas Besonderes, wenn ein plattdeutscher Artikel in der Badezeitung stand. Zwei der Autorinnen waren Frieda Schipper (An der Mühle 19) und Tomma Jürgens (Benekestraße 57). Sie waren leidenschaftliche Artikelschreiberinnen und konnten mit ihrer natürlichen Schreibweise die Norderneyer begeistern. Leider gibt es heute nur noch wenige auf der Insel, die diesem Hobby nachgehen (weitere Autoren siehe Fotos)

Zum Schluss schreibt Ortgies: "Wann ist es gänzlich vorbei mit dem Platt? Die Frage muss offenbleiben. Sprache ist nicht steuerbar, bestenfalls begrenzt und dann nur für einen gewissen Zeitraum. Wird sie nicht gebraucht, wird sie aussterben."

Johann Visser (Büdelneiher, rechts neben einem Freund)

Das Foto zeigt Johann Visser (Büdelneiher, rechts neben einem Freund) 1926/27 auf dem Fünfmast-Raa-Segelschoner "Susanne Vinnen" als Segelmacher bei seiner Arbeit an Deck. August Redell (s. u.) hat in seinem Buch "Wiet aver de sollten See" über Johann Vissers Seefahrtsbuch geschrieben.

Jakob Rass

Jakob Rass (Api Nährs) bei Reparaturarbeiten an einer Buhne. Diese von den Naturgewalten beschädigte Buhne gehörte zu den ersten, die um 1860 von Baurat Tolle vom Marinebauamt Norden entworfen worden waren.

Ehme Visser

Ehme Visser (Ehm Lots) war ein stolzer Mann mit gepflegtem Aussehen, Mütze, Bart und Colani (Marine-Jacke).

Jakob Visser

Jakob Visser (Jabk Seilmaker) wurde von seinen Seglerkameraden liebevoll "Onkel Jakob" genannt. Er hatte mit einem Partsmann das Segelboot "Wiking". Auffallend war seine tiefe Stimme. Er war leidenschaftlicher Pfeifenraucher, nur in seiner Werkstatt war strengstes Rauchverbot und Besucher mussten die Schuhe ausziehen.

Ernst Rass

Ernst Rass (Malperdus) war auch Bootsmann auf dem Rettungsruderboot "Fürst Bismarck". Das Bild zeigt ihn beim Maiumzug 1938.

Frieda Schipper


Frieda Schipper

Tomma Jürgens, geb. Eykena

Tomma Jürgens, geb. Eykena

Günther Hoffmann


Günther Hoffmann

Jan Uphoff

Jan Uphoff

Sophia Visser

Sophia Visser (Tochter von Johann und Enkelin von Ehme Visser)

Alfred Visser

Alfred Visser

Jan Janssen

Jan Janssen

August Redell

August Redell

Anita Okken, geb. Extra

Anita Okken, geb. Extra

Christa Wessels, geb. Nielsen

Christa Wessels, geb. Nielsen

Einige Norderneyer (s. kleine Fotos) besaßen und besitzen die Gabe, Vertellsels (Erzählungen), Gedichte und Anekdoten auf Plattdeutsch zu schreiben, die sie selbst erlebt haben, die der Zeit angepasst sind und den Nagel auf den Kopf treffen. Hinzu kommt, dass sie oft den sturen Humor ihrer Mitbürger vermitteln. Bis vor einigen Jahren standen solche Berichte regelmäßig in der Badezeitung und wurden gern gelesen. Hier fanden sich die Insulaner wieder. Heute schreiben Christa Wessels und Anita Okken hin und wieder Texte für die Badezeitung.

Ehm Lots (82)
Ehme Visser, Benekestraße 49, war Seefahrer und Lotse bei Hapag Lloyd. Er fuhr auf den Bäder-Raddampfern "Neujade" und "Nixe", die auf der Route Norderney-Helgoland- Bremerhaven fuhren. Sein Sohn Johann (83) und sein Enkel Wilhelm wurden Segelmachermeister mit eigener Werkstatt im Hause Benekestraße 49. Auch Sohn Jakob war Segelmacher (84).

Büdelneiher (83)
Johann Visser, Benekestraße 49, war Segelmachermeister (scherzhaft: Büdelneiher). Nach seiner Lehre fuhr er 1925 auf dem Fünfmast-Raa-Segelschoner "Susanne Vinnen" als Segelmacher. Er hielt das Tauwerk in Ordnung und stellte auch Taschen aus Segeltuch (Leinen) für Werkzeuge her.

Jabk Seilmaker (84), auch Onkel Jakob Jakob Visser, Wilhelmstraße 6, war Segelmachermeister. Er nähte in seiner Werkstatt Segel für Jachtschiffe. Er fertigte außerdem Markisen für die Veranden der Pensionshäuser und für die Schaufensterscheiben der Ladenbesitzer an, die er auch betreute. Er war der Sohn von Ehm Lots (82) und Bruder von Büdelneiher (83).

Jan Nessen (85)
Jan Remmers, Schulzenstraßen 4, war Arbeiter. Remmers bot im Winter Führungen übers Watt nach Hilgenriedersiel und Neßmersiel (daher der Beiname) an.

Api Närs (86)
Jakob Rass, Luciusstraße 3a, war Arbeiter. Bei den Buhnenarbeiten war er Vorsänger am "Bumerang". (Pfahlramme).

Claas Hongkong oder auch Aas, Aas (87)
Claas Raß, Halemstraße 2, war Kohlenhändler und hatte die größte Kohlenhandlung auf Norderney. Seine Kohlenhandlung lag in der Kampstraße neben dem alten Friedhof der evangelisch-lutherischen Kirche. Er trug gern eine chinesische Wollmütze (daher der erste Beiname) und stotterte (zweiter Beiname).

Püppi Pauls (88)
Therese Feldten, geb. Pauls, Luciusstraße 3, war Hausfrau. Ihr Vater, Ludwig Pauls, war sehr stolz auf seine Tochter, die ein Nachkömmling in der Familie war. Wenn die Familie Pauls sonntags spazieren ging, sagte Ludwig Pauls immer zu seinen Bekannten "Dat is mien Pupp" (Das ist meine Puppe). So bekam das Mädchen den Beinamen "Püppi".

Malperdus (89)
Ernst Rass, Gartenstraße 19, war Fischer mit einem eigenen Boot. Er war sehr eigen und streng mit seinen Mitmenschen. Seine Körpersprache drückte dies aus. Unbehagen war bei ihm an der Tagesordnung. Seine Fischerkollegen gaben ihm den Beinamen "Malperdus".


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