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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 25

Norderney Kurier (Serie erschien vom 27.10.2017 - 09.11.2018)

Den Kalender gibt es erst im Alter

Was macht man als junger Mensch, wenn man in eine fremde Küche kommt? Man nimmt Platz und sitzt ganz brav da. Neugierig schaut man sich um. Damals machten es Kinder genauso wie heute.

Ich war zu Besuch in der Küche meiner Oma, die am Herd beschäftigt war, um den Tee ziehen zu lassen. Der Küchenherd war blitzblank geputzt, in der Herdplatte konnte man sich regelrecht spiegeln. Selbst das Messinggeschirr auf dem Bord funkelte. Außerdem hing da noch ein Kalender an der Wand, so einen hatte ich noch nie gesehen. Schwarze Ziffern mit dem jeweiligen Datum und große Buchstaben waren dort zu sehen. Ich guckte mir immer wieder den Kalender an und sagte dann zu Oma: "Was ist das für ein schöner Kalender! Da kannst du ja von Weitem sehen, welchen Tag wir heute haben." - "Ja", sagte Oma, "das ist ein Kirchenkalender. Morgens, wenn ich meine erste Tasse Tee trinke, reiße ich das Blatt von gestern ab, und auf der Rückseite steht die Losung des heutigen Tages - ein Bibelspruch. Den lese ich dann - und mach mir so meine Gedanken darüber."

Als die Teezeit zu Ende war, habe ich mich bei meiner Oma für das leckere Frühstück bedankt und gesagt: "Wenn mal wieder etwas kaputt ist, sag Bescheid, ich komme sofort." Die Jahre gingen ins Land. 1955 habe ich geheiratet. Als Wohnung haben meine Frau und ich zwei Zimmer im Elternhaus in der Benekestraße 6 bekommen. Als es dann ans Einrichten unserer Wohnküche ging, fiel mir der schöne Kalender von Oma wieder ein. Ich wollte unbedingt einen solchen Kalender haben, konnte ihn aber nirgendwo bekommen. Nicht bei Korting. Und auch Frau Lubinius hatte keinen. Oma Luttmann aus der Friedrichstraße sagte mir schließlich: "Bonno, da musst du erst ganz alt werden, dann bekommst du so einen. Aber ich schenke dir diesen." Ich bekam einen anderen Kalender von Oma Luttmann. Das war zu der Zeit, als die Kaufleute anfingen, aus Reklamegründen im Dezember einen Kalender zum Warenkauf zu verschenken.

Und dann - zu meinem 70. Geburtstag - liegt der besondere Kalender vor mir auf dem Tisch: der Konstanzer Kirchenkalender, genau so einer, wie der meiner Oma. Und er wurde mir sogar nach Hause gebracht. "Dieser Kalender bekommt jetzt einen Ehrenplatz und wird in der Stube aufgehängt", sagte ich zu meiner Frau. Ich fragte sie noch, ob sie denn auch alles aus meiner Erzählung verstanden habe. Denn alles, was ich erzählt habe, ist wahr.

Meine Frau guckte mich rührend an und sagte: "Du hast mir das so schön auseinanderklabüstert. Ab Morgen darfst du auch eine halbe Stunde länger schlafen." Diesen Vorschlag habe ich dankend angenommen.

Tages-Abreißkalender

Der Tages-Abreißkalender hatte früher größere Zahlen und eine größere Schrift. Heute, in der modernen Zeit, haben Oma und Opa bessere Sehhilfen als noch vor dem Krieg. Vor einigen Jahren wurde der Konstanzer - eigentlich Neukirchener - Kalender von der evangelisch- lutherischen Kirchengemeinde an die Mitglieder ab 70 Jahren zu Weihnachten verteilt.

Norderneyer Küchenherd

Das Bild zeigt einen typischen Norderneyer Küchenherd der Marke "Küppersbusch". Auch die Fliesenwand, die als Spritzschutz diente, durfte nicht fehlen. Sie war in Chromleisten eingefasst. Die beiden Norderneyer Eisenhändler C.C. Valentin und August Solaro verkauften vor allem die Herdmarken Senking und Küppersbusch. Valentin ließ sogar sein Firmenmonogramm in die emaillierte Feuerungstür einbrennen. Früher gab es außerden noch die Eisenwarenhändler A. G. Gerdes, R. Cremer und Bonno Bolinius. Um die Herdplatten sauber zu halten, gab es zwei Möglichkeiten: Die Herdplatte wurde mit einer Speckschwarte eingerieben oder mit Schmirgelpapier und Putzcreme auf Hochglanz gebracht. An der Sauberkeit des Herdes wurde die Hausfrau gemessen. Die Asche wurde früher einfach auf den Sandweg vor der Haustür geworfen. Müllkübel kamen erst später, denn alles, was als Müll brennbar war, wurde verbrannt. Heute steht noch ein Originalherd in der Teestube des Heimatvereins.

Ernst Gothmann

Ernst Gothmann (167) war im neu gegründeten Vorstand der Norderneyer Konsum-Genossenschaft. Auf der Insel war er seit 1900 einer der führenden Köpfe in der Gewerkschaft und ein geachteter Mann.

Ehme und Gelke Lührs

Ehme und Gelke Lührs, geb. Bojunga (170), gehörten zu den Norderneyern, die das inseltypische einfache Leben atmeten und ihre Schicksalsschläge meisterten. Die Ehe blieb kinderlos. Nachdem Gelkes Schwester Trintje Visser mit 37 Jahren verstorben war, wurden ihre fünf Kinder von Ehm und Gelke großgezogen. Dieses soziale Verhalten haben alle Norderneyer sehr gewürdigt. Sie hatten nur ein kleines Haus in der Heringslohne und erzogen Trintjes Kinder zu ehrbaren Erwachsenen, die alle ihren Weg gefunden haben.

Benekestraße 6

Das Elternhaus des Autors dieser Serie war ein Geschäftshaus in der Benekestraße 6. Damals war es nach einer Heirat üblich, dass man zunächst bei den Eltern wohnen konnte. Ursula und Bonno Eberhardt bekamen die erste Wohnung im ersten Stock. Die Wohnsituation war durch die vielen Flüchtlinge aus Schlesien und Pommern sehr angespannt. Das Geschäftshaus wurde 1929 von dem Bauunternehmer Eduard Mundt erbaut. 1943 wurden sämtliche Schaufensterscheiben aus Spiegelglas durch eine Luftmine vor der Georgshöhe zerstört. Erst nach der Währungsreform 1948 wurde das Geschäft neu eröffnet und die Holzverschalung der Fensteröffnungen wurde durch Notverglasung ersetzt. Nach dem Tod der Eltern verkauften die Erben das Haus 1995/96 an die Familie Uwe Berghaus, der zuvor bereits lange Jahre dort Pächter war.


Karl Reinsperger

Karl Reinsperger (168) wurde am 30. Juni 1906 in Stollberg im Erzgebirge geboren. Er konnte wie kein anderer auf Norderney von Heckenabschnitten Setzlinge ziehen. So bekamen viele seiner Nachbarn und Gartenliebhaber eine "Reinsperger-Hecke". Er war ein fröhlicher Mensch und beliebt. Die Fröhlichkeit haben alle seine Kinder geerbt.

Minister (167)
Ernst Gothmann, Feldhausenstraße 3, war Maurer. Wie er zu dem Beinamen gekommen ist, ist heute nicht mehr zu erfahren. Hier eine Vermutung: Gothmann war von kleiner Statur und trug einen Oberlippenbart wie Kaiser Wilhelm II. In den Zwanzigerjahren gehörte er der SPD und der Gewerkschaft an und war dort sehr aktiv. Er konnte sich gut ausdrücken und vielleicht haben ihm seine Kollegen vom Bau daher den Spitznamen gegeben.

Horche mal (168)
Karl Reinsperger, damals Siedlung 72, war Maurer und in der Baukolonne der Stadt Norderney beschäftigt. Reinsperger kam aus dem Erzgebirge, ist als "Fremdgeschriebener" (Wanderjahre) auf der Insel hängen geblieben und heiratete eine Norderneyerin. Da er mit einem erzgebirgischem Dialekt sprach, sagte er immer zu seinen Mitmenschen, wenn er etwas ankündigen wollte: "Horche mal!" auf Plattdeutsch: "Hör maal!" So gaben ihm seine Kollegen aus dem Baugewerbe diesen Namen.

Ei di Katz (169)
Reinhold Hartmann, Schulzenstraße 34, war Schiffsmaschinist. Seine Stammkneipe war der "Tunnel" im Rheinischen Hof von Hans Tanke. Hob er zum Trinken das erste Schnapsglas an, sagte er: "Ei di Katz!"

Ehm un Gelke (170)
Ehme und Gelke Lührs wohnten im Herrenpfad 18a (Heringslohne). Ehme war Arbeiter und ein großer Mann. Gelke war von kleiner Statur. Sie hatten einen Garten in Nordhelm, wo sie Schweine mästeten. Auffällig war, dass beide immer zusammen gingen - mit ihrem "Drangeimer" (Schweinefutter) in der Hand liefen sie den langen Weg bis zum Garten. Bei den Norderneyern hießen sie nur "Ehm un Gelke".

Hermann Leckerwurst (171)
Hermann Fastenau, Kirchstraße, später Damenpfad 8,war gelernter Schlachter. 1935 ging er zum Artillerie-Depot als Wächter, und seine Kollegen gaben ihm den Beinamen "Hermann Leckerwurst", weil er im Herbst noch privat ihre gemästeten Schweine schlachtete und zerlegte. Er soll sehr leckere und geschmackvolle Wurst gemacht haben.

Hermann Zigarr (172)
Hermann Fuhrmann, In den Dünen 38a, war von Beruf Schlosser. Nach dem Krieg hat er 1945 sein Patent als Kapitän auf kleiner Fahrt bestanden, ein Frachtschiff gekauft und sich selbstständig gemacht. Wegen der Bauentwicklung auf der Insel fuhr er Baumaterial von Emden (Fritzen) nach Norderney. Er hatte stets eine Zigarre im Mund, und wenn sie kalt war, kaute er sie. So kannte man ihn auf der Insel und gab ihm diesen passenden Beinamen.


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